Klassenzimmer der 5. Jahrgänge

...

15. September 2020 <> Dienstag <> ab 08:45 Uhr <> Morgen

Come from: Sprung (Letzter Post: Große Steintreppe)

Ich blieb im Türrahmen stehen, als mir gähnende Leere entgegen schlug. Nicht einmal der Lehrer hatte sich bequemt aufzutauchen. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, ließ ich mich auf einen Platz fallen, stellte die Tasche neben mir ab und starrte verdrießlich aus dem Fenster.

cf: Sprung

Mit einer Out of Bed Frisur, die sich sehen lassen konnte, riss ich die Tür des Alte Runen Klassenzimmers auf und schmetterte ein fröhliches "Guten Morgen, Tiffany!" heraus, erstarrte dann als mir nicht das gewohnte Gesicht der Lehrerin entgegen schaute, die ich mit meinem Gruß an unsere "schöne" gemeinsame Zeit erinnern hatte wollen, sondern niemand anderes als Anna.
Beinah aus Reflex trat ich ein Stück zurück und mich überkam fast sowas wie ein Fluchtinstinkt aber ich blieb im Klassenraum stehen und sah die Dunkelhaarige an.
Es war ja niemand da außer uns, niemand der mich hätte sehen können.
Und trotzdem fühlte ich mich furchtbar unbehaglich, wie Anna da saß und mich ansah, eine meiner Schülerinnen und ... eine meiner Affären.

Ich fuhr aus den Gedanken auf, als die Tür aufgerissen wurde.
Vermutlich nur Lancester oder ein anderer Schüler, dachte ich noch, bis mir eine bekannte Stimme ein "Guten Morgen" entgegen schleuderte und ich erstarrte und mit dem Stuhl beinahe nach hinten gefallen wäre, da ich aus Langweile mit dem Kippeln begonnen hatte. Gerade noch rechtzeitig ergriff ich die Tischkante und starrte entgeistert zur Tür.
"Nero", hauchte ich dann und spürte das Blut in meine Wangen schießen.
Oh man, wieso hasste das Leben mich so?

Ein Muskel zuckte in meinen Wangen als sie meinen Namen sagte, nachdem sie sich vor dem Schreck erholt hatte, den ich ihr wohl mehr oder weniger ausversehen eingejagt haben musste.
Eigentliches Opfer war ja die Lancaster gewesen, immerhin hatten wir zu meiner Schulzeit eine sehr "innige" Beziehung in Form von einer Menge Strafarbeiten geführt.
"Hey....sorry, ich wollte dich nicht erschrecken.", sagte ich und hob meine Mundwinkel ein wenig an.
Ich ließ die Türklinke los und schob meine Hände in die Taschen meiner verwaschenen Jeans.
"Das galt eigentlich der Lancaster..."

Ich atmete tief durch.
"Die nicht da ist oder siehst du sie irgendwo?", fragte ich ironisch.
Mir kam keine Sekunde in den Sinn, dass ich ihn eigentlich siezen sollte, doch käme es denn nicht komisch, nachdem was in de Sommerferien war? Meine Wangen färbten sich wieder rot und ich seufze leise auf, sah ihn kurz an und schluckte.
Er sah immer noch genauso gut aus, wie ich ihn kennen gelernt hatte.
Nein, Anna, schlag es dir aus den Kopf, vergiss ihn, ermahnte ich mich und starrte auf die Bank vor mir.

"Nein und das sieht ihr überhaupt nicht ähnlich." Sonst war die Lancaster immer pünktlich gewesen, typisch Deutsch eben. Mein Blick glitt wieder zu Anna und ich schaute auf meine Schuhspitzen als sie peinlich berührt anlief.
Wie von selbst lehnte ich mich in den Türrahmen und verschränkte die Arme.
Ich wusste, ich hätte das in den Ferien niemals tun sollen. Das Ganze war ein furchtbarer Fehler gewesen. Schwiegen erfüllte die Luft, selten hatte ich mich in so einer unangenehmen Situation befunden. "Hey Anna...tut mir Leid, das was da passiert ist.", sagte ich schließlich langsam.

Ich schwieg und dann geschah es um mich. Die Veela ergriff von mir Besitz und ich sprang auf die Beine, sodass der Stuhl nach hinten kippte und krachend den Boden küsste. Mit einem Sprung setze ich über die Bank hinweg und stand kurz vor meinem Lehrer. Meine Augen funkelten zornig, was durch seine Worte noch verstärkt wurde.
"Du verdammter Idiot", rief ich aus und wusste, ich befand mich auf Glatteis, doch es war mir so was von egal. Schnurzegal sogar. Meine Handballte sich zu Faust und ich schlug gegen seine Brust.
"Für mich war das kein Fehler", hauchte ich dann erschöpft, als die Wut genauso abflaute wie sie aufgeflackert war. Erschöpft sackte ich etwas zusamemn und drehte mich weg. Es tat weh und ich merkte, dass es mir nicht so egal war, wie es sein sollte.

"Ich verdammter Idiot?" Mit leicht offenem Mund sah ich Anna an und hielt ihre Fäuste fest als sie nach mir schlug und mich traf. Ich ließ mir nicht anmerken, dass ihr Schlaf schon ordentlich Schmackes hatte, immerhin war ich ein gestandener Kerl und wenn Frauen Männer schlugen, durfte man grundsätzlich keinen Muskel verziehen. "Hab ich das verdient, dass du mich schlägst?"
Ich hielt Annas Hände fest im Griff und sah sie an, ließ sie dann los als sie zugab, dass es kein Fehler für sie war.
"Aber es ist einer, Anna. Es ist verboten und ..."
Ich sah ihr nach, wie sie sich wegdrehte und verzog ein wenig das Gesicht.
"...ich bin dein Lehrer. Wenn das rauskommt, bin ich alles los."
Man musste nur mal an dieses Gossip Girl denken.

Ich schwieg verbittert und sah auf den Boden.
"Ich hatte dich nicht als Lehrer kennen gelernt", murmelte ich und spürte das altbekannte Brennen in meinen Augen. Wie sehr wünschte ich meinen Vater nun her ... Dad hatte immer einen Rat gewusst, doch er war tot ... ich schluckte, als mein Hals sich wie zugeschnürt anfühlte und Zitterschübe überliefen mich.

"Ich dich auch nicht als Schülerin, Anna. Ändert aber nichts an den Tatsachen."
Ich senkte den Blick auf den getäfelten Boden und hob ihn erst wieder als ich das Zittern bemerkte, dass über die Dunkelhaarige lief.
"Hey.." Ich hatte ja eine Menge, aber kein Herz aus Eis. Und deswegen schloss ich Anna auch in die Arme und hielt sie fest.
"Es ist gut...vergiss es einfach, ja?"
Vergiss einfach, was für ein Idiot ich war.

..vergiss es einfach, ja?", seine Worte drangen an mein Ohr und ich wollte schon nicken, auch wenn ich wusste, dass es schwer werden würde, als er mich in seine starken Arme zog und ich wieder von den betörenden, männlichen Duft umgeben war. Mein verräterisches Herz schlug schneller und ich hätte mich am liebsten geschlagen, doch mein Körper tat mal wieder, was er wollte und lehnte sich gegen Nero.
"Es tut weh", gab ich leise zu und sah zu Boden.
"ich bin so ein Schwächling", murmelte ich auf italienisch und wusste nicht, ob er es verstand.

"Das tut mir Leid.", sagte ich leise und strich Anna übers Haar, dabei aufmerksam lauschend, ob sich auch keine Schritte näherten. Ich würde vorsichtig sein müssen, wenn das hier rauskam, würde ich vermutlich alles los sein, was ich mir erkämpft hatte.
"Das war nie meine Absicht." Dann sagte sie etwas auf....war das Italienisch?
Ich war ja noch nie das Sprachgenie gewesen, ich hatte mich auf Englisch und Französisch beschränkt aber die Sprache Italiens erkannte man ja am Klang.
Ich sagte trotzdem nichts und hielt Anna einfach nur weiter fest.

Auch ich lauschte, innerlich bis zum Zerreißen angespannt. Dass Nero seinen Job verlor, wollte ich auch nicht riskieren, oder das ihm etwas schlimmeres zustieß, denn bei Vaughn und Ceiteach konnte man das ja nie wissen. Ich biss mir kurz auf die Lippen und lehnte mich an ihn, ich sollte diese kurzes Beisammen auskosten, vermutlich würde ich nie wieder in diesen Genuss kommen ... ich drehte mich kurz zu ihm um und sah zu ihm auf.Ein leichtes Lächeln auf den Lippen.
"Du und deine sonnebrillen", entkam es mir und ich grinste ein wenig, auch wenn es schmerzlich war, weil ich mir bewusst geworden war, wie naiv ich doch war.

"Was ist gegen meine Sonnenbrillen einzuwenden? Das ist Lichtgeisthaft.", wehrte ich mich und tippte gegen das schwarze Gestell, dass ich mir in meine zerwuschelten Haare geschoben hatte.
Ich hatte sie schon immer im Unterricht getragen und so gut wie kein Lehrer hatte mich dazu zwingen können, sie abzusetzen. Ich trat einen Schritt zurück und sah Anna wieder an.
Sie hatte kurz gelächelt, aber wahrscheinlich lag mehr Schmerz als Amüsement dahinter.
Ich war aber noch nie der große Gefühlsphilosoph gewesen, wie man bestimmt auch merkte.

"Nichts, nichts", seufzte ich leise auf und sah ihn wieder an, trat aber vorsichthalber einen Schritt zurück, um ihn nicht in Verlegenheit zu bringen, sollte die Lancester doch noch auftauchen. Ich fuhr mir durch mein Haar und sah ihn an.
"Hast du denn keinen Unterricht?", ich wollte ihn nicht loswerden, keinesfalls, doch ich wollte auch nicht, dass ihm etwas zustieß ...
Seufzend lief ich zum Fenster und sah hinaus. Mein Blick erfasste einen jungen Mann beim Neptunbrunnen und ich musste wieder an meinen Vater denken. Ohne es zu wollen, lief eine Träne über meine Wange.

"Doch...eigentlich schon. Aber ich denke ich tu mir und meinen Schülern einen Gefallen, wenn ich ein wenig zu spät komme." Hier machte doch sowieso jeder was er wollte und die Unterrichtsmoral war schon zu meiner Zeit scheiße gewesen.
"Wahrscheinlich sitzen eh nur die Hogwartsianer in den Klassenräumen und warten."
Die Mitteilung, dass ich Verwandlung unterrichten würde, hatte sicher alle Jahrgänge, die mich noch von früher kannten, zu dem Schluss geführt, dass ich sowieso zu spät oder gar nicht kommen würde.
Was hatte ich doch für ein tolles Image. Ich schob die Hände wieder in meine Hosentaschen und sah Anna nach als sie ans Fenster ging.

Ich drehte mich nicht um, nickte nur auf Neros Worte hin, zum Zeichen, das ich ihn gehört hatte. Kurz runzelte ich die Stirn, als ich meinen Bruder erkannte, der sich dem jungen Mann angeschlossen hatte. Bei ihnen war noch eine braunhaarige Frau und irgendwie schien die Situation sehr angespannt zu sein. Als der Mann hoch sah, runzelte ich die Stirn. Kannte ich ihn? Ich wusste es nicht und drehte mich wieder vom Fenster weg, zog mich auf die Sims hoch und lehnte den Rücken gegen das erwärmte Glas an. Mein Blick blieb an Nero hängen und ich musste lächeln. Er sah noch immer attraktiv aus und ich spürte wie mir die Erinnerungen die Schamröte ins Gesicht trieben.

Während Anna am Fenster stand beobachtete ich sie unauffällig. Sicher war sie hübsch und generell gesehen....älter als ich. Um einiges älter sogar. Aber ich war nun mal Lehrer, sie für immer jung und ich zwar auch bis zu einem gewissen Grad. Aber ich war trotzdem rein rechtlich gesehen älter.
Und ihr Lehrer. Ich blieb doch immer bei diesem Hindernis stehen.
Als sie sich wieder zu mir umdrehte und eine leichte Röte in ihre Wangen zog, entschied ich, dass ich vielleicht besser gehen sollte. "Ich geh dann mal...", meinte ich und wandte mich zur Tür um.

Ich seufzte leise auf und nickte.
"Viel Spaß", murmelte ich kurz niedergeschlagen, ehe ich ein - wenn auch falsches - Lächeln auf meine Lippen bannte und mich wieder schulterzuckend zum Fenster wandte.
"Mein Gott, was ist denn da los?", murmelte ich.

ich sagte nichts dazu, ich merkte schon, dass es alles falsch war. Es war falsch wenn ich bleiben würde, es war falsch, wenn ich gehen würde, alles war einfach falsch.
Als ich Annas leise Worte hörte, blieb ich jedoch stehen und verharrte im Türrahmen.
"Was ist wo los?"
Ich zögerte einen Moment lang und drehte mich dann zu ihr um.

"Wolltest du nicht gehen?", murmelte ich bitter, deutete dann jedoch zum Fenster, wo ich immer noch die Auseinandersetzung oder was auch immer es war, beobachtete. Die ganze Situation fühlte sich mehr als falsch an. Ich begriff nicht, wieso es mich so enttäuschte, dass Nero mein Lehrer war. War ja nicht so, als ob er meine erste Affäre war. In den 280 Jahre meines Lebens hatte ich so einige Affären und Beziehungen gehabt, doch keine hatte solch ein bitteres Gefühl in mir ausgelöst wie die mit dem Mann hinter mir. Der Mann am Neptunbrunnen wandte wieder den Blick ab.
"Daddy, warum musstest du sterben", murmelte ich leise in Gedanken versunken und spürte wieder das brennende Gefühl aufsteigender Tränen in meinen Augen. Ich vermisste meinen Vater mit jedem Tag, der verstrich, obwohl dieses Jahr der 20. Todestag gewesen war ... langsam sollte ich mich doch damit abfinden, könnte man meinen, doch es gelangt mir nicht.

"Ich weiß nicht. Es ist falsch, wenn ich gehe aber es ist auch irgendwo falsch, wenn ich bleibe, weißt du?", sagte ich und sah hinunter auf das Geschehen, dass Anna eben beobachtet hatte.
Ich lehnte mich leicht gegen den Fensterrahmen und sah die Fünftklässlerin dann wieder an.
"Kennst du die da unten?", fragte ich und sah hinunter zu den Personen am Brunnen.
Bevor ich Anna wieder ansehen konnte, hörte ich aber, was sie sagte und besann mich eines besseren. Sie hatte ihren Vater also verloren...
Ich hatte einen Bruder verloren. Das Leben war schon beschissen.

Ich wischte mir über die Augen und betrachtete dann die nasse Handfläche, über die sich Schlieren von schwarzen Mascara zogen, als sehe ich sie zum ersten Mal.
"Nur einen von ihnen", ich deutete auf Stefan. "Meinen Bruder", meine Stimme klirrte, als ich das aussprach und all der Hass schwang in diesen Worten mit. Dann sah ich zu Nero und seufzte leise.
"Alles okay bei dir?", fragte ich leise-

"Du magst ihn wohl nicht...", meinte ich mit einem schwachen Grinsen, das jedoch sofort schwand als ich bemerkte, dass Anna weinte.
Es war wohl alles zu viel für sie und ich hatte es sicher auch nicht besser gemacht.
"Mir gehts gut...solang du nicht weinst, Anna.", sagte ich und strich ihr den schwarzen Strich, den ihr Mascara auf ihrem Gesicht gezogen hatte weg.