Schweigend hatte ich Bella nach draußen geführt und hatte den Rosengarten angesteuert. Währenddessen hatten meine Gedanken sich überschlagen und war alle möglichen Szenarien in meinem Kopf durchgegangen. Schlussendlich kam ich dann zu der Entscheidung, dass ich keine Ahnung hatte, wie ich mich Bella gegenüber verhalten sollte. Ich hatte sie auf Anhieb gemocht und soweit ich das beurteilen konnte, hatte sie Geschmack. Doch reichte das wirklich, um mich zu verlieben? Fürs erste schob ich den Gedanken beiseite und wandte mich ihr zu. "Romantik pur." kommentierte ich und lächelte sie dabei von der Seite an. "Im Frühling ist es hier besonders schlimm... mit gebrochenen Herzen würde ich hier um dieses Jahreszeit nicht spazieren gehen." Als ob es jemand wagen würde, ihr das Herz zu brechen.
Bella war Anton schweigend gefolgt und grinste. Der Junge gefiel ihr. Woran es wohl lag, dass er keine Freundin hatte? Vielleicht gehörte er zu den Typen, die zu hohe Ansprüche hatten und damit vielen Mädchen die Herzen brach. Naja solange Bella seinen Ansprüchen genügte - und das schien der Fall zu sein - konnte es ihr herzlich egal sein. Zugegeben, in solchen Dingen hatte sie recht wenig Mitleid, wenn es nicht gerade ihre Freunde betraf. Schließlich kamen sie in einen Rosengarten und Bella musste ein Lachen unterdrücken. Warum er wohl den Rosengarten als Ziel ihrer Reise auserwählt hatte? Vielleicht war er selbst einfach ein hoffnungsloser Romantiker und es gefiel ihm hier. Oder aber er dachte Bella gefiel es hier, weil sie eben ein Mädchen war. Dann wiederum wäre dieser Einfall schrecklich unkreativ. Oder aber er hatte romantische Absichten. Bella dachte kurz darüber nach und kam schließlich zu dem Schluss, dass sie gegen romantische Absichten wohl nicht viel einzuwenden hatte. Sie kannte ihn zwar nicht aber er war offen und sah verdammt gut aus. Und das wäre doch ein super Start in ein neues Schuljahr an einer neuen Schule. "Klingt, als sprichst du aus Erfahrung." meinte Bella lachend und sah sich um. Sie konnte sich gut vorstellen, dass es hier im Frühling wunderschön war. Aber auch jetzt war dieser Anblick nicht zu verachten. "Wer war die grausame Exfreundin, die so dumm seinen konnte, einem Kerl wie dir das Herz zu brechen?" fragte sie frei heraus und genoss den lichten Wind, der ihr durch das braune Haar wehte.
Bevor ich antwortete, steuerte ich eine Bank an, die unter einem Dach aus Rosenranken stand, jedoch blühten nur noch wenige Blüten in voller Pracht, und ließ mich auf dieser nieder. Eigentlich war ich nicht gerade darauf erpicht, ihr nach nicht einmal einer halben Stunde Bekanntschaft das Herz auszuschütten und zuckte deshalb nur mit den Schultern. "Lange Geschichte." speiste ich sie ab und grinste dann wieder. "Und, wie gefällt dir Deutschland bisher?" wollte ich stattdessen von ihr wissen.
Bella setzte sich neben Anton auf die Bank. Da sie aus Holz war, würde sie nicht so kalt werden, wie die Stufen der Eingangshalle. Und schon gar nicht zu den Temperaturen, die im Moment draußen herrschten. "Deutschland ist.. ganz okay." gab Bella lächelnd zu und fixierte den Gehweg. "Nicht so schlimm wie alle gesagten haben."
"Nur okay?" hakte ich nach und schnalzte mit der Zunge. "Was haben denn alle über Deutschland gesagt?" wollte ich dann neugierig wissen. Ich war wirklich gespannt, was die Hogwartsschüler über Deutschland dachten. Wenn sie Lederhosen und Dirndl erwartet hätten, waren die meisten jetzt wohl ziemlich enttäuscht.
"Ich muss mich hier wohl noch eingwöhnen." gab Bella zu. "Aber seit einer halben Stunde gefällt es mir hier schon deutlich besser." meinte sie und grinste Anton an. "Ach das ist doch nicht so wichtig. Ich gebe ehrlich gesagt nicht viel auf Vorurteile. Ich denke man muss sich von allem sein eigenes Bild machen." erklärte sie und scharrte mit den Schuhen ein B für Bella in den Kiesweg.
"Okay." meinte ich und lehnte mich ein wenig zurück. Soweit ich das mitbekommen hatte, wäre es den meisten von der Akademie recht, wenn die Hogwartsschüler gerade wieder verschwinden würden, aber das würde ich ihr nicht unter die Nase reiben. "Vorurteile sind beschissen." meinte ich und sah zu dem B in dem Kiesweg.
"Naja jeder hat Vorteile, ich denkte dagegen kann man gar nicht viel machen." sagte Bella nach kurzer Überlegung. "Aber entschiedend ist, ob man bereit ist, einen anderen Eindruck zuzulassen." fügte sie hinzu und betrachtete ihr Kunstwerk im Kies. Sehr kreativ. Damit würde sie noch einmal berühmt werden! Wie viele Künstler gab es schon, die Bilder mit den Füßen in den Kies malten? Das war definitiv eine Marktlücke! Antons Aussage klang, als er hätte Erfahrung mit Vorurteilen gegenüber sich selbst, aber Bella wollte lieber nicht weiter Nachhaken. "Was gefällt dir hier am Besten?" fragte sie schließlich und musterte Anton erneut.
Ich runzelte die Stirn und dachte einen Moment lang über ihre Worte nach... so wahr es wohl wirklich. Als sie dann schon wieder das Thema wechselte, zuckte ich nur mit den Schultern. "Jeder hat hier seine Eigenarten und ist ein bisschen verrückt und du wirst trotzdem immer mit offenen Armen empfangen." antwortete ich dann nach kurzem Zögern. "Für die Gesellschaft sind wir nur Gesindel. Hier sind wir alle was besonderes und ein Teil unserer eigenen, kleinen Gemeinschaft." Jeder Schüler trug seine eigene Geschichte mit sich herum und den meisten fiel sie zur Last. Viele setzten übernatürlich oft mit sonderbar gleich und das war ein völlig falsches Bild.
Bella runzelte die Stirn und musterte Anton weiterhin. "Gesindel? Wieso das?" Sie konnte kaum glauben, was sie da hörte. Aber den nettesten Personen passierte immer das schlimmste. Das war eben das Schicksal. "Für mich ist niemand Gesindel, bis er mich vom Gegenteil überzeugt." erklärte Bella daraufhin und sah auf ihre Schuhe.
"Weil wir anders sind." meinte ich und zuckte mit den Schultern. Ich lächelte schwach und sah auf, da mein Blick zuvor auf den Kiesweg gerichtet gewesen war. "Hast du eigentlich auch Geschwister?" fragte ich dann plötzlich. Themawechsel war immer gut, ich redete nicht gerne über bedrückendes.
"Anders muss nicht gleich schlecht bedeuten." meinte Bella und begann, das B im Kiesweg zu einer Blume umzugestalten. "Nein." meinte sie dann schließlich in einem lockereren Ton. Es wurde immerhin Zeit, dass die Stimmung wieder etwas optimistischer wurde. Immerhin war es Spätsommer, super Wetter, sie saß mit einem gutaussehnden und netten Typen in einem Rosengarten in einer neuen Schule zu Beginn eines neuen Schuljahrs. "Stolzes und verwöhntes Einzelkind." lachte sie. "Und wie kommst du mit deiner Schwester zurecht?" erkundigte sie sich.
Ich sagte nichts mehr zu dem Thema und betrachtete stattdessen die Blume. "Du solltest zu uns in den Kunstunterricht kommen." meinte ich schmunzelnd und sah dann wieder auf. "Meine Schwester kann ein schreckliches Biest sein." antwortete ich dann und musste lachen, als ich an Sashas Eigenarten dachte. "Aber sie ist dennoch total liebenswert. Erstaunlicher Weise verstehen wir uns auch super."
"Kunst habe ich sogar gewählt." meinte Bella lächelnd und freute sich über die Vorraussicht, dort Anton zu treffen. Dann kannte sie in dem Fach wenigstens schon mal jemanden. "Du bist also auch in Kunst? Was hast du noch gewählt?" wollte Bella wissen und lächelte Anton schräg von unten an und legte den Kopf schief. Irgendwer hatte ihr mal erzählt, dass Männer das mochten. "Ich denke jede Frau kann ein Biest sein." lachte Bella. "Aber wie heißt es so schön? Freunde kann man sich aussuchen, Verwandtschaft muss man akzeptieren."
"Sehr schön." meinte ich und lachte kurz auf, ehe ich nachdenklich die Stirn in Falten legte. Ich hatte absolut keine Ahnung, wie alt sie war, hm. "In welchem Jahrgang bist du eigentlich?" "Muggelkunde und Alte Runen." antwortete ich ihr, während ich das Knie anzog, um meinen Schuh zu binden. "Dann hab ich wohl noch Glück mit meiner Familie."
"im 6." antwortete Bella knapp und betrachtete die Blume im Kies. Sowas brachte Menschen also dazu, Leute als küstlerisch begabt zu erachten und ihnen den Kunstunterricht zu empfehlen. Oder er hat mir den Kunstunterricht empfohlen, weil er denkt, dass ich dringend ein bisschen Übung nötig hätte dachte Bella entsetzt. Dieser Idiot! Was fällt dem eigentlich ein? Wie kann der meine Talente in Frage stellen, nur weil ich aus langeweile mit den FÜSSEN eine Blume in den Kies gescharrt habe? .. Obwohl.. vielleicht ist es ihm auch egal und er hat mich nur eingeladen, damit er dort ein wenig Zeit mit mir verbringen kann. Ahw, das ist sooo süß von ihm! "Ja, es gibt wirklich Leute, die schlimmer dran sind. Aber ich hab mit meiner Familie eigentlich auch Glück gehabt." erklärte Bella etwas geistesabwesend.
"Gut, gut." meinte ich und lächelte, runzelte dann jedoch die Stirn, als ich bemerkte, dass sie in Gedanken völlig abdriftete. Höflich, wie ich war, unterbrach ich sie nicht in Gedanken und ließ stattdessen meinen Blick durch den Rosengarten schweifen. "Stimmt schon." erwiderte ich dann und sah wieder zu ihr, ein Lächeln auf den Lippen. "Eine gute Familie ist wohl ein ziemlich großes Glück."
Bella merkte, dass ihnen die Gesprächsthemen auszugehen schienen. Sie wollte nicht, dass das Gespräch schon zuende war. Also ergriff sie die Initiative und sprang von der Bank auf und rückte ihre Kleidung zurecht. "Also, bist du hergekommen, um auf der Bank zu verschimmeln oder willst du mir den Rosengarten zeigen?" meinte sie lachend und griff Antons Hand, um ihn von der Bank zu ziehen.
Ich stand auf und bot ihr dann meinen Arm an, damit sie sich unterhaken konnte. Schweigend führte ich sie durch den Rosengarten und blieb dann vor dem Beet der Wildrosen stehen. "Das sind meine Lieblinge." erklärte ich ihr lächelnd und sah sie abwartend an. "Was sind denn deine Lieblingsblumen?"
Bella hakte sich ein und ging fröhlich lächelnd mit ihm mit. Dabei streifte ihr Blick verschiedenste Blumen. Es war wirklich schön hier. Also war es gar keine dumme Idee von Anton gewesen, ein Mädchen bei der ersten Unterhaltung hierher zu entführen. "Und warum sind es deine Lieblingsblumen?" wollte Bella zufrieden wissen. "Ich bin unentschlossen. Zum einen sind Rosen sehr schön. Sie sind so.. leidenschaftlich, mit allen Ecken und Kanten. Ich mag aber auch Vergissmeinnicht. Sie wirken unschuldig und friedlich und der Name klingt schön. Lavendel hat aber auch seine Reize." erklärte sie. Es war nie ihre Stärke gewesen, sich für etwas zu entscheiden. Je länger sie über etwas nachdachte, desto schwerer wurde die Entscheidung. Daher vertraute sie eigentlich immer auf ihren Instinkt und entschied sich für das erste, was sie ansprach. Egal ob es um Musik, Kleidung oder die Speisekarte ging.
"Weil sie sich nicht einengen lassen, frei, wild und wunderschön sind." antwortete ich schulterzuckend. Merlin, war dass normal, dass sich ein hetero-Kerl so viele Gedanken über Blumen und Mode und das Leben machte? "Du scheinst dich nicht wirklich festlegen zu wollen, oder?" erkundigte ich mich belustigt, beugte mich zu den Blumen hinunter und pflückte eine schöne, in voller Pracht blühende Rose, deren Dornen ich abbrach, um sie dann Bella zu übergeben. "Vielleicht überzeugt dich der Duft ja." meinte ich lachend und sah zum Himmel hinauf. Das Wetter war heute so schön angenehm.
Dann mag er mich bestimmt auch weil ich weil, wild und wunderschön bin dachte Bella und musste innerlich auflachen. "Ich entscheide mich nicht gern." meinte Bella lächelnd. "Denn wenn doch, dann will ich dieser Entscheidung auch unbedingt treu bleiben. Daher ist es nicht so einfach mich, zu überzeugen, schätze ich." lachte sie. Ob er jetzt denkt, dass ich voll die Schlampe bin? Bella nahm die Rose lächelnd entgegen und steckte sie sich ins Haar, nachdem sie an ihr gerochen hatte. Ihre Fingernägel hatte sie inzwischen völlig vergessen.
"Ich dachte, Frauen hätten ein besondere Intuition, die ihnen bei Entscheidungen hilft?" hakte ich nach und lachte leise auf. Langsam lief ich rückwärts weiter und sah sie dabei fragend an. "Aber eigentlich ziemlich ratsam, wenn man nicht enttäuscht werden möchte." Ich blieb wieder stehen und wartete darauf, dass Bella zu mir aufschloss. Unbewusst hatte ich den Weg zur Akademie wieder eingeschlagen, da es langsam spät wurde.
"Diese Intuition ist aber sehr launisch." meinte Bella lachend. Hatte sie überhaupt sowas wie Intuition? Eigentlich hatte die jeder Mensch, oder? Diese Frauensache war doch nur eine Ausrede. "Man muss sich eben sicher sein." Bella lächelte Anton zufrieden an und lief unbewusst hinter ihm her. Der Spaziergang schien sich wohl fortzusetzen.
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