4. Abteil

"Wieso passt das zu mir? Was soll das heißen?" fragte Joshi ein wenig besorgt, aber grinsend.
Dann merkte er, wie sich langsam die Müdigkeit in ihm breit machte. Er hatte die letzten Nächte nicht viel geschlafen. Und auch wenn er Demona unendlich dankbar dafür war, dass sie ihn bei sich und ihrer Schwester aufgenommen hatte, so hatte er doch nicht gut schlafen können. In fremden Betten brauchte er einfach immer ein bisschen Zeit, um sich einzugwöhnen. Doch nun forderte der Schlafentzug seinen Tribut. Joshi lehnte nur kurz den Kopf an das kühle Glas und lies seinen Blick über den Bahnsteig schweifen, da war er auch schon eingenickt..

"Zu den Drachen", schmunzelnd sah ich nach unten, als Ria sich gegen meine Schulter lehnte und kraulte ihr nachdenklich zwischen den flauschigen Ohren. Ich kannte meine Freundin und wusste, wie gerne sie kuschelte.
"Müde?", fragte ich sie grinsend und sah dann wieder zu Joshi.
"Und wo warst du in Hogwarts?", fragte ich ihn dann und betete, dass er kein Gryffindor war.
Stefan hatte mir dieses Haus eindeutig auf Lebzeiten verdorben ... doch da war er auch schon eingenickt und ich schnaubte kurz empört.

Ria schnurrte zufrieden auf, als sie Anna krauelte.
An Stelle von Joshi antwortete sie: "Er ist im Haus der Füchse und war früher ein Slytherin."
"Wir werden schon tolle Drachen sein", begann sie und brach dann ab.
Sie hielt ihre Nase in die Höhe und roch ein bekanntes Parfüm.
"Entschuldige mich Anna, ich muss eben jemanden begrüßen", grinste sie und gab ihr noch einen Kuss auf die Wange, genauso wie dem schlafenden Joshi.

tbc: 5. Abteil

Joshi wurde durch das laute Lachen eines Schülers auf dem Gang geweckt. Ein wenig desorientiert rieb er sich die Augen. Er musste wohl eingenickt sein. Ein wenig beschämt sah er sich im Abteil um. Ria war weg. "Wo ist Ria?" fragte er sich und räusperte sich kurz, um seine Stimme aufzuwecken.
Joshi streckte sich unter einem Seufzen und stand schließlich. "Ich werd mal nach ihr sehen." meinte er immer noch verschlafen. Nach der ganzen Neko-Sache machte er sich ein wenig Sorgen um sie. Was sowas betraf war sie immerhin wie eine kleine Schwester für ihn. Er warf Demona und Anna kurz einen entschuldigenden Blick zu und machte sich dann auf die Suche nach Ria.

tbc: Geisterzug - 5. Abteil

14. September 2020 || Montag || ca. 11:00 Uhr

Ria antwortete an Joshis Stelle und ich nickte nur nachdenklich, ehe ich den Kopf gegen die Lehne lehnte und kurz die Augen schloss. Zum Glück war der einzige Junge in unserem Abteil kein Gryffindor. Ich konnte mir nicht helfen, aber wann immer ich an dieses eine Haus in Hogwarts dachte, verspürte ich Abneigung, die wie geschärfter Stahl in meine Seele schnitt. Es war vielleicht nicht fair, so zu empfinden, wo ich doch nie einen Fuß über die Schwelle dieser Schule gesetzt hatte - und in absehbarer Zeit würde ich ja dank diesen unbekannten Erstklässler nicht in den Genuss kommen - aber es ging nicht anders. Die Abneigung gegenüber Gryffindor begleitete mich wie ein Schatten. Eine Zeit lang hatte ich versucht, alle Häuser als gleichwertig zu betrachten, für den Fall, dass es mich doch mal nach Hogwarts verschlagen, doch wann immer ich dachte, die Abneigung überwunden zu haben, blitzte der Gedanke an Stefan auf und der Hass bracht sich erneut seine Bahn.

Als Ria auf einmal in der Luft schnupperte und dann auf die Beine sprang, schreckte ich aus meinen Gedanken auf und sah die Neko verwundert an. Bevor ich auch nur ein weiteres Wort erwidern konnte, war sie schon hinausgelaufen und ich sah zu Joshi, der soeben wach wurde und Ria folgte. Seufzend lehnte ich mich wieder zurück.

Ich lauschte stumm den Gesprächen der anderen und lehnte mich zurück. Den Blick stur nach draußen gerichtet. Ein dreckiges lächeln huschte über mein Gesicht, als meine feinen Vampirohren mitbekamen, das Joshua sich mich schnappen wollte. Doch ich fasste mich gleich wieder und fuhr mir einfach nur durch die Haare. Als Joshua den Neko kaufen wollte, der eingetreten war entbrannte eine wilde Diskussion. Ich lauschte ihr nur und sah auf. Der Neko war hübsch und ich musste zugeben gut roch er auch. Ich sah die anderen Mädchen an und zuckte schließlich mit den Schultern. Ich sah Joshua nach und grinste. Dann stand auch ich auf.
"Ich werde mal nach meiner Schwester sehen.", meinte ich und verließ das Abteil

tbc Da wo Felice ist

Gut gelaunt und auf der Suche nach meiner Zwillingsschwester riss ich die nächste Tür auf, um festzustellen, dass Sasha nicht dabei war. Wo steckte sie denn?
"Entschuldigung, wollte nicht stören." meinte ich höflich und schenkte den Anwesenden ein charmantes Lächeln.

Das Knarren der Tür riss mich aus den Gedanken und ich sah zum Ausgang des Abteils. Ein hübscher Junge lehnte sich im Türrahmen und ich musterte ihn kurz.
"Ist schon in Ordnung, du störst nicht", meinte ich unverblümt und ließ ein wenig Veelacharme frei. Ich liebe es zu flirten und der Kerl war ein heißes Schnittchen.

Eigentlich wollte ich mich schon verabschieden und weiter ziehen, jedoch entschied ich mich dagegen. Sasha konnte auch warten. Was sollte sie schon in der kurzen Zeit anstellen?
Ich nahm dem Mädchen gegenüber Platz und legte meine Ledertasche neben mir ab. Einen Moment verfiel ich ins Schweigen und sah aus dem Fenster, wandte mich dann jedoch mit einem charmanten Lächeln meinem Gegenüber zu. "Du bist doch schon länger auf der Akademie, oder? Dein Gesicht kommt mir bekannt vor, auch wenn ich mich da irren könnte." meinte ich und musterte sie das erste Mal richtig.
Ein wirklich interessanter Kleidungsstil. Gefiel mir.

Ich machte keinen Hehl daraus, dass er mir gefiel. Wieso auch? Ich liebte es zu flirten und dabei war es mir vollkommen gleichgültig, welchem Geschlecht man angehörte. Entspannt lehnte ich mich zurück und beobachte den jungen Mann, dessen Name mir gerade einfach nicht in den Sinn kommen wollte, obwohl er mir bekannt vorkam.
"Seit der ersten Klasse", meinte ich mit einem charmanten Lächeln und fügte dann noch hinzu: "Ich bin Annabelle, aber die meisten nennen mich Anna und du?"

Ich fühlte mich leicht unbehaglich, als Anna so offensichtlich mit mir zu flirten schien, doch zeigte ich es ihr nicht. Ich wollte ja nicht unhöflich sein. Ich war nur leider keiner, der seine Zeit mit One-Night-Stands und gelegentlichen Flirts verplemperte, ich war auf der Suche nach der richtigen und wahren Liebe.
Ich entschied jedoch das alles hinter einem Lächeln zu verbergen. "Freut mich, Anna. Ich bin Anton, kannst mich aber auch Tony nennen." meinte ich dann und lachte leise. "Das ist jetzt mein sechstes Jahr bei den Füchsen. Wenn ich raten müsste, ... Drache, oder?" Erwartungsvoll sah ich Anna an, da ich selten richtig lag. Lag wohl nicht in meiner Natur, Menschen zu durchschauen.

Ich beobachtete ihn, ehe ich den Veelacharme zurückzog, nur das Lächeln blieb, auch wenn es leicht verrutschte. Auch wenn ich gerne flirtete und er mir gefiel, innerlich war ich doch oft einsam. Ich seufzte leise auf.
"Ja, richtig", schmunzelte ich dann, nachdem ich mich gefangen hatte, das Lächeln wurde wieder selbstbewusster.
Nichts anmerken lassen, dachte ich bei mir.

Irgendwas schien wohl in meinem vorzugehen, doch ich war mir nicht wirklich sicher und kannte sie nicht gut genug, um sie fragen zu können. War sie enttäuscht, weil ich so zurückhaltend war? Wahrscheinlich hatte ich mich nur getäuscht...
"Wow, das war das erste Mal, das ich richtig liege." meinte ich und lachte wieder hell auf.
"Und, schon gespannt auf die Hogwartsschüler?" Ich wollte nicht, dass das Gespräch abbrach, da ich Anna wirklich nett fand.

Ich hob eine Hand und strich ein paar Strähnen beiseite, die sich aus meinem Zopf gelöst hatten und musste leise lachen, als Anton so begeistert klang und hell auflachte. Hm, sein Lachen war wirklich schön.
"Das freut mich", schmunzelte ich, doch als er die Hogwarts-Schüler erwähnte, verschwand es und ich musste wohl aussehen, als habe ich auf eine Zitrone gebissen.
"Die können von mir aus fernbleiben", brummte ich und meinte damit eigentlich nur Stefan. "Du?"

Ihr plötzlicher Stimmungswandel und ihre Reaktion machten mich hellhörig und verwirrten mich ein wenig. "Wieso? Hast du denn schon welche kennen gelernt?" fragte ich und runzelte die Stirn.
Ich zuckte mit den Schultern und lächelte wieder, die Falten auf meiner Stirn verschwanden. "Ich lerne grundsätzlich gerne neue Leute kennen. Und Engländer scheinen einen ganz netten Eindruck zu machen. Zumindest die, die uns letzten Sommer in unserem Gasthof besucht haben." meinte ich und lachte wieder leise.
Im Gegensatz zu Sasha unterhielt ich mich gerne mit unseren Gästen - vor allem, wenn sie aus anderen Ländern kamen. War nie schlecht, sein Englisch zu verbessern.

"Sagen wir es mal so, ich habe die Ehre mit einem verwandt zu sein", jedes Wort war voller Abscheu und wäre es eine Waffe gewesen, so wäre es in Gift getunkt.

Verwunder zog ich eine Augenbraue hoch und wagte es nicht, nachzufragen. Das klang böse und so sehr nach meiner Schwester, dass ich es wirklich nicht wissen wollte, was hinter dem ganzen Hass steckte.
"Oh okay..." murmelte ich und knete meine Hände. "Na ja, wenn es nur einer ist, kannst du ihm ja aus dem Weg gehen."

Anton schien erschrocken zu sein und erst jetzt merkte ich, wie mein Satz auf Außenstehende wirken musste. Aber ich konnte es nicht ändern, für Stefan gab es kein Fünkchen positives Gefühl in mir. Sein Namen zu denken, löst eine grauenhafte Leere aus, die nach einer Weile von blanken Hass verdrängt wird. So war es immer ...

Unsicher lächelte ich, da mir nichts mehr zu dem Thema einfiel und Anna ebenfalls schwieg.
"Ich bin mal gespannt, was Gossip Girl über unsere neuen Mitschüler so zu berichten hat." meinte ich dann in die Stille hinein, da mir sonst nichts weiter einfiel. Ob GG überhaupt noch auf der Akademie war? Hoffentlich, denn irgendwie gehörte sie mittlerweile dazu. Na ja, ich nahm einfach mal an, dass es eine sie ist. War ja auch nahe liegend.

"Das wird sicher amüsant, nur nicht für den Betroffenen", ich war froh, dass Anton das Thema wechselte und mir somit die Möglichkeit ließ, die negativen Gedanken zu vertreiben und wegzuschließen. Ich hatte auch noch später genug Gelegenheit, mich mit der Problematik Stefan zu beschäftigen, da muss ich mir von diesem Arsch nicht die Zugfahrt vermissen lassen. Ich beugte mich vor, zog meine Tasche heraus und holte die Tüte mit Naschkram heraus.
"Möchtest du auch?", bot ich meinen Sitznachbarn an, Jel war inzwischen eingeschlafen und wecken wollte ich sie nicht.

"Bestimmt." Ja, zurückhaltend war die werte Madame Gossip Girl nicht. Aber war nicht gerade das die gute Eigenschaft von ihr? Wenn man ehrlich sein sollte, wartete jeder auf die Wiederkehr von GG. Nur wollte sich das niemand eingestehen.
Ich sah in die Tüte und schüttelte dann entschieden den Kopf. "Nein danke." meinte ich höflich und lächelte. "Ich ess nichts Süßes."
Ich war einen Seitenblick auf Annas schlafende Nebensitzerin und senkte schuldbewusst die Stimme. Schließlich wollte ich sie nicht wecken.

14. September 2020 || Montag || ca. 11:00 Uhr

Ich nahm mir einen Schokofrosch, wickelte diesen aus und biss dem zappelndem Tier ein Bein ab. Kurz gestattete ich mir den Luxus, genießerisch die Augen zu schließen. Ich LIEBTE Schokolade, den süßen Geschmack, der auf der Zunge zerging, das Glücksgefühl, dass die freigesetzten Endorphine in einem auslöste. Die restlichen Süßigkeiten ließ ich zurück in meine Tasche gleiten und lehnte mich wieder in die Sitzbank zurück. Vor dem Fenster zog rasend schnell eine sich abwechselnde Landschaft vorüber. Mal waren es Hausansammlungen, dann wieder Felder und ein anderes Mal waren es Wälder. Je mehr Zeit verstrich, desto aufgeregter wurde ich.
"Ich bin ja mal gespannt, wie diese Hogwartsschüler auf Gossip Girl reagieren werden", schmunzelte ich und biss das andere Bein ab.

Ich beobachtete Anna beim Schokolade essen und schmunzelte. Sie schien es sehr zu genießen.
Nachdenklich zog ich die Augenbrauen hoch und lehnte mich zurück. "Hm, weiß nicht." meinte ich und sah aus dem Fenster. "Sie werden wohl schockiert sein."
Ich sah wieder zu Anna und lächelte. "Ich bin eher darauf gespannt, was sie über die Hogwartsschüler zu erzählen hat."

"Ja, darauf bin ich auch gespannt", murmelte ich leise und schmiss das Papier von dem Schokoladenfrosch zusammengeknüllt in den Mülleimer bei der Tür. Danach brachte ich mich wieder in eine bequeme Position und lehnte den Kopf gegen die Fensterscheibe, um nach draußen zu sehen, langsam wurde ich immer müder.
"Tut mir leid, ich hol mal etwas Schlaf nach", murmelte ich in Richtung Anton entschuldigend und schloss die Augen. Sofort nickte ich ein.

Ich winkte ab, doch da war Anna schon eingeschlafen. Eine Weile saß ich noch da und sah nachdenklich aus dem Fenster, auf die vorbeirauschende Landschaft. Ich hatte das Gefühl, dass dieses Schuljahr die letzten Jahre übertreffen würde. Schon allein, dass wir nach dem Massaker wieder in die Akademie zurück durften, grenzte an ein Wunder. Und dann auch noch die Hogwartsschüler.

Nach ca. einer halben Stunde langweilte ich mich und wollte die zwei Damen jedoch nicht wecken. Deshalb kramte ich einen Zettel und einen Stift aus der Tasche und hinterließ Anna liebe Grüße, ehe ich das Abteil verließ.
Ich machte einen kurzen Abstecher bei meiner Schwester und ihrem Kater Horst, ehe ich mich wieder zu meinen Freunden begab und der Zug auch schon hielt. Endlich wieder in der Akademie.