Kleine Baumgruppe

...

F I R ST   P O S T 

Dustin gähnte ausgiebig. Eigentlich war es noch viel zu früh, um müde zu sein. Aber die Sonne knallte gnadelos auf die Welt herunter und beschafte ihr im September ein Wetter, über das man selbst im Sommer nicht hätte meckern können. Vermutlich machte die Hitze einen müde.
Dustin saß im Schatten eines Baumes auf der Wiese und war damit beschäftigt, mit einem Taschenmesser einen kleinen Ast zu schnitzen. Es sollte ein Pfeil werden, passend zu seinem Selbstgemachten Bogen. Zu diesem Zweck hatte Dustin in den Nebelwäldern einige Zweige gesammelt, die nun neben ihm auf der Wiese lagen.
Er mochte das Wetter. Daran war wohl die Veela in ihm Schuld. Zu ironisch, dass ihn die Sonne fertig machen würde, weil er auch zur Hälfte Vampir war. Aber die Rune, die für alle Ewigkeiten in sein Schulterblatt eingebrannt war, würde ihn vor dem Schaden, den sie Sonne sonst bei ihm anrichten würde, schützen. So lebte es sich leichter als Mischling zweier ziemlich unterschiedlicher Rassen.

cf: Off (zuletzt am Bahnhof (vor der Rede))
Nach der Rede vom Direktor und dem wirklich guten Essen im Königssaal, entschied ich mich dazu, mich wieder an die frische Luft zu begeben. Mir waren es in dem Saal zu viele Leute und es war zu laut für die eigenen Gedanken. Deshalb versuchte ich, einen möglichst ruhigen Ort zu finden.
Ich war wie zuvor froh, dass ich mein schwarzes Hemd nicht mehr trug. Sonst wäre ich bei diesem Sonnenschein förmlich gebraten worden. Das Wetter an sich war aber atemberaubend. Nur mit einem weißen T-Shirt und einer hellen Jeans, sowie dunkelbraunen Schuhen bekleidet, fand ich innerhalb der kleinen Baumgruppe einen jung aussehenden Mann, welcher sich an einem Baum niedergelassen hatte. Er schien zu schnitzen. "Oh, hat sich noch jemand dem Tumult in der Akademie entzogen?", fragte ich freundlich lächelnd den Mann. "Ich hoffe, ich störe nicht zu sehr."

Dustin sah kurz auf und musterte den Jungen eine Sekunde lang. Dann wandte er sich wieder seiner Schnitzerei zu. "Tritt nicht auf die Zweige." war seine Antwort.
Ja er hatte sich dem Tumult des Königssaals entzogen. Er war nicht für große Feierlichkeiten zu haben und es war ihm schlicht und einfach zu laut gewesen.Manchmal war das Gehör eines Vampirs eben doch ein Fluch. Außerdem wollte er nicht die angewiderten Blicke der Hogwartsschüler sehen, wenn die Akademie-Kinder im Saal Blut tranken.

Mein Blick fiel kurz auf die Zweige, die er bei sich liegen hatte. "Verstehe." Leise setzte ich mich dann zu dem Mann ins Gras und betrachtete kurz die Umgebung. "Hier herrscht eine angenehme Ruhe", bemerkte ich leise. Er wirkte sehr konzentriert und das Letzte, was ich wollte, war, diese zu stören. Dann sah ich wieder zu ihm. "Verzeihung, ich vergesse immer, mich vorzustellen. Ich bin Noah, Noah Hunter. Mit wem habe ich denn hier das Vergnügen?" Ein bisschen Sorge hatte ich schon, aber ich war recht interessiert daran, wer der Mann war und wofür er schnitzte. Somit blieb mir keine andere Wahl als der Versuch einer Konversation. Immer freundlich und höflich bleiben. So habe ich es gelernt.

Dustin blickte auf und musterte den Jungen, der sich nun zu ihm gesetzt hatte. Schlecht sah er nicht aus, das musste man ihm lassen. Dass er sich gesetzt hatte, bedeutete wohl, dass er ihn kennenlernen wollte. Immerhin hätte er genauso gut wieder gehen können, nachdem Dustin ihn schon nicht explizit dazu eingeladen hatte, sich zu setzen. "Dustin." stellte er sich vor. Das musste ihm genügen. "Bist du aus Hogwarts?" fragte er dann. "Du solltest hier nicht allein herumlaufen. Sonst passiert dir noch was." meinte Dustin locker und bemühte sich, das nicht wie eine Drohung klingen zu lassen, was angesichts der Aussage selbst gar nicht so einfach war.

"Dustin also. Freut mich", erwiderte ich mit einem Lächeln. "Nein, bin ich nicht. Ich bin aufgrund meiner Zauberkünste nur hierher gelangt." Es war ihm nicht zu verübeln, dass er dachte, dass ich aus Hogwarts kam, immerhin sah ich nicht besonders aus, war sterblich und außerdem waren viele Schüler von dort gekommen. "Ich denke, ich komme gut zurecht und wie ich sehe, bin ich doch jetzt nicht mehr allein." Ein kurzes Lachen konnte ich mir nicht verkneifen. "Was schnitzt du denn gerade, wenn ich fragen darf?"

"Ich mein das ernst." meinte Dustin, weiterhin auf die Schnitzerei fixiert und verleihte seinen Worten mit einem ernsten Ton Nachdruck. "Es kann gefährlich werden hier draußen. Und du bist nur ein Mensch." Das rieche ich doch dachte Dustin, sprach diesen Gedanken aber nicht aus. "Das werden Pfeile. Die meisten Leute denken, sowas zu schnitzen sei einfach. Doch nicht nur die Aerodynamik ist wichtig. Man muss wissen, wie sich der Pfeil verhalten wird, damit er möglichst tief in sein Ziel eindringen kann." erklärte Dustin kalt. Er beschäftigte sich nun seit einigen Jahren damit und war im Schnitzen gar nicht mal schlecht. Er mochte es, seinen Opfern zunächst einen Pfeil durch die Kniescheibe zu schießen, nachdem er sie so lange gejagt hatten, bis sie außer Atem waren. Sie konnte nicht mehr fliehen und schrien vor Schmerz. Diese Schreie waren Musik.

"Tut mir leid, ich wollte nicht...", brachte nur etwas überrascht hervor und ließ mein kurzes Lachen schnell verstummen. Fasziniert lauschte ich dann seiner Erklärung. Sie hatte etwas Schauriges, aber ich empfand es als sehr interessant. "Du scheinst äußerst viel Erfahrung zu haben. Ich wünschte nur, ich könnte so schön schnitzen wie du..." Interessiert blieben meine Augen wieder bei ihm und seiner Schnitzerei.

"Ich mach das schon ein bisschen länger, kleiner." meinte Dustin trocken und wurde mit dem Pfeil, an dem er gerade arbeitete, fertig. Skeptisch betrachtete er das Ergebnis seiner Arbeit und hielt es ins Licht. Das musste genügen. Er pustete einige Späne weg, die noch an dem Pfeil hafteten, und legte ihn zur Seite, während er weiter erklärte. "Wenn man den Dreh einmal raus hat ist es gar nicht so schwer. Aber man muss es eben können. Man braucht Talent. Wie für alles auf dieser Welt."

"Oh, verstehe", entgegnete ich. "Ich habe das selbst noch nie gemacht. Somit kann ich nicht einmal sagen, ob ich es wirklich erlernen könnte oder einfach kein Talent da ist." Lächelnd fuhr ich kurz durch meine braunen Haare. "Ich nehme mal an, du jagst damit oder? Ist das ein schon längeres Hobby?", fragte ich dann, in der Hoffnung, mehr erfahren zu dürfen. "Oh, tut mir leid, wenn ich zu viel fragen sollte. Ich bin halt nur gerade sehr interessiert." Beschämt blickte ich zu Boden. Ich hatte schon einige kennengelernt, die nicht gerne so viel gefragt werden wollten. Ich wollte nicht auch noch Dustin auf den Schlips treten.

Skeptisch blickte Dustin auf, als der Junge weitere Fragen stellte. Du stellst zu viele Fragen dachte er sich. "Ja, mit Pfeilen jagd man für gewöhnlich." meinte er trocken. "Ich mache das seit gefühlt 50 Jahren." Nicht nur gefühlt..
"Woher kommt das Interesse?" wollte Dustin schließlich wissen. "Ich mein hier gibt es ja einiges neues für dich zu sehen und doch bist du hier bei mir." ergänzte er und musterte Noah.

"Dann habe ich es hier mit einem erfahrenen Jäger zu tun. Das ist recht spannend." Lächelnd lehnte ich mich etwas zurück. "Ich finde dich nunmal deutlich interessanter als die Umgebung. Die kann ich mir gegebenenfalls noch immer ansehen", antwortete ich, während ich bemerkte wie er mich musterte und ihn selbst betrachtete.

"Na da bin ich ja beruhigt. Die Umgebung ist nämlich langweilig." meinte Dustin und steckte sein Messer weg. "Erzähl mir was über dich." forderte er Noah auf und hörte nicht auf, ihn zu mustern. Wenn er schon herkam und Fragen stellte, dann sollte er selbst mit offenen Karten spielen.

Ich lachte kurz. "Stimmt, die Umgebung war bisher in meinen Augen nicht sonderlich interessant, aber hier ist es wenigst ruhig im Gegensatz zu dem Königssaal." Ich richtete mich wieder auf, als Dustin mich aufforderte, etwas von mir zu erzählen. "Öhm, was könnte denn interessant sein?", erwiederte ich und überlegte. "Wie ich zuvor mal erwähnte bin ich dank meiner Zauberkünste hierhergekommen. Obwohl ich nur ein Mensch bin, habe ich eine äußerst gute Kontrolle, was meine Magie betrifft. Sie ist elementbasierend. Bei mir bezieht sie sich auf Wasser und Eis. Dementsprechend liebe ich auch Regen, jedenfalls augenscheinlich. Sonne schadet aber auch nicht." Kurz überlegte ich weiter. "Hm. Sonst... Ich muss zugeben, dass ich eine Schwäche für Schokolade habe und ich liebe Sport. Möchtest du sonst noch irgendetwas wissen?" Mit meinen braunen Augen sah ich tief in seine. Es legte sich wieder ein sanftes Lächeln auf meine Lippen.

"Typisch Mensch also." meinte Dustin und zog eine Augenbraue hoch. Die Menschen würden ihn wohl nie überraschen. Irgendwo waren sie alle gleich. Der eine mehr, der eine weniger. "Regen also, hm?" Dustin hatte noch niemanden getroffen, der Regen mochte. Die meisten Menschen rannten sogar, um ihm zu entkommen. Dabei trockneten sie doch sowieso wieder. Lächerlich also. Aber dass es auch Menschen gab, die den Regen mochten, war ihm neu. Er selbst hatte dank seiner Veela-Gene eine starke Affinität zu Feuer und somit auch zur Sonne. "Mit nassen Haaren bist du sicher niedlich." meinte Dustin schließlich und fixierte Noah's blondes Haar.

Grinsend sah ich über die Wiese. "Ja, Regen. Ich liebe den Geruch der Luft wenn es regnet oder der Regen endet. Auch das Geräusch und wie es sich auf der Haut anfühlt. Ich liebe Wasser nunmal generell", erklärte ich ihm.
"Meinst du? Das kann ich selbst gar nicht beurteilen. Müsste man wohl herausfinden." Etwas frech streckte ich die Zunge heraus. Wasser... Es war so warm, sodass Wasser an sich jetzt gar nicht so verkehrt gewesen wäre...

"Ich kann dich ja in den Teich werfen, dann wissen wir's." meinte Dustin und konnte sich ein anschließendes Lachen allerdings nicht verkneifen.
Soso. Diese Dinge gefielen ihm also am Regen. Fast schon kitschig, was er da so von sich gab. Doch den Geruch, nachdem der Regen sich gelegt hatte, mochte Dustin ebenfalls. Am Besten am frühen Morgen, kurz vor dem Sonnenaufgang in Kombination mit dem ersten, müden rauschen einer noch halbschlafenden Großstadt.

"Würdest du das etwa tun?", erwiderte ich und lachte ebenfalls. Es war schön, ihn lachen zu hören. Mal eine andere Seite, die ich sehen durfte. "Wobei kühles Wasser bei der Wärme bestimmt recht angenehm wäre", fügte ich grinsend hinzu. Mein Blick blieb noch ein wenig an ihm hängen.
Es war recht angenehm hier zu sitzen und einfach mit jemandem zusammen zu sein, mit dem man auch etwas Spaß haben konnte. Dustin war ein wirklich interessanter Charakter, das musste ich zugeben.

"Ich denke nicht, dass du mich davon abhalten könntest." meinte Dustin und blickte tief in Noahs Augen. Entweder hatte er keine Ahnung, was Dustin war, oder es war ihm egal. Angst hatte er jedenfalls keine, obwohl er sie haben sollte. Dustin sollte bald zusehen dass er mit Tiff sprach, damit sie die Zeit an dieser Schule nicht unnötig herauszögern mussten. Eigentlich hatte Dustin sich vorgenommen, keine Bekanntschaften zu schließen, damit es ihm nicht schwer fallen konnte, den Plan umzusetzen. Doch er hatte Langeweile und Noah war nun mal eben gerade da. Und er wäre mit Sicherheit ein köstlicher Drink. Doch noch hatte Dustin nicht entschieden, was er mit Noah anstellen wollte. Eins stand jedenfalls fest: Was immer er auch wollte -er würde es tun.

"Stimmt auch wieder, aber es würde mich auch keineswegs stören", brachte ich hervor, während ich mich etwas vorbeugte, meinen Kopf auf meiner Hand abstützte und nur lächelnd in seine Augen sah. Irgendwie mochte ich seinen Augen. Ich konnte nicht mal sicher erklären warum. Sie gefielen mir einfach. Er selbst strahlte einfach etwas Geheimnisvolles aus.
Mit einem kurzen Fingerschnippen ließ ich dann eine Kobra aus kristallklarem Eis entstehen. Sie gab etwas angenehme Kälte ab. Das tat mir recht gut. Diese recht schöne Statue richtete den Blick genau wie ich Dustin entgegen.

"Nett, dein kleiner Trick." gab Dustin zu und betrachtete die Eisskulptur.
Dustin nahm sich wieder einen Ast und begann, störende kleine Nebenäste abzureißen. Schließlich holte er sein Taschenmesser wieder raus und begann zu schnitzen. Dabei sah er immer wieder auf Noah, der ihn dabei beobachtete. So wie der kleine Mensch da saß, konnte man denken, er würde ihn anhimmeln. Dabei war Noah nicht hässlich und es gab sicher einige kleine Mädchen, die für ihn schwärmten. In diesem Moment kam ein wenig Neid in Dustin auf. Für ihn hatte niemals jemand geschwärmt. Er war stets die wertlose Missgeburt gewesen. Den Gedanken verdrängte er schnell wieder, in dem er sich absichtlich, aber unauffällig in den Daumen schnitt. Der körperliche Schmerz linderte den seelischen. So war es immer gewesen.

"Vielen Dank", sagte ich und sah ihm weiter beim Schnitzen zu.
"Gibt es eigentlich etwas, was du sehr gerne magst? So wie ich z.B den Regen oder Schokolade?", fragte ich dann in einem ruhigen Ton, um seine Konzentration nicht all zu sehr zu stören.
Währenddessen ließ ich meine Eiskobra um mich herumschlängeln. Es war so warm, dass mir etwas Schweiß von der Stirn lief. Ich versuchte gegen die Wärme mit meiner Schlange anzukommen.

Was sollte er darauf nun antworten? Blut? Warum eigentlich nicht. Doch irgendwie widerstrebte es Dustin, den Kleinen sofort zu verschrecken. Er war froh über die Gesellschaft. Selbstverständlich hätte er das niemals zugegeben. Immerhin war dieser Typ nur ein kleiner, wertloser Mensch.
"Sport." sagte er schließlich und für ihn schloss das das Jagen und Töten von Menschen mit ein. "Es muss.. richtig anstregend sein. Man muss sich auspowern, verstehst du? An seine Grenzen gehen." Das hatte er viele Male getan.

"Ah, Sport also." Ein wenig lächeln musste ich schon, keine Ahnung warum. "Dann haben wir ja eine Sache mehr oder weniger gemeinsam." Womöglich bezog er das Jagen mit ein. Ob ich das könnte? Um ehrlich zu sein, ich hatte noch nie etwas Derartiges gemacht. Es war aber recht interessant.
"Das kann ich nachvollziehen. Man strebt ja mehr oder weniger ein Ziel an, welches man auch wirklich erreichen möchte."
Ich fixierte die Kobra wieder neben mir und richtete mich wieder etwas auf. "Gibt es denn noch etwas, was du gerne hobbymäßig tust?" Ich musste aufpassen, dass ich nicht wieder zu viel frage. Mir gefiel es, die Zeit hier mit ihm zu verbringen und ich wollte ihn nicht wirklich mit meinen Fragen wegscheuchen. Mein Blick richtete sich wieder auf die Schnitzerei, an welcher er noch zugange war.