Eiskalt - Calvin und Jelisaweta

"Schlauer als.. sie?" hakte Calvin nach und zog fragend eine Augenbraue hoch. "Du redest in der dritten Person von dir?" Okay, jetzt wurde sie eigenartig. Und gar nicht mehr so nett und aufgeschlossen wie gerade. "Gut." meinte er schließlich. "Wenn du es mir nicht sagen willst, dann werde ich nicht weiter nachhaken." meinte er und trat einen Schritt zurück. Auf diese Art von Spielchen hatte er schlichtweg keine Lust.

"Ja. Als sie. Falls du es noch nicht bemerkt hast. Du stehst vor einem Mädchen mit einer schizoiden Persönlichkeitsstörung. Keine Sorge. Dir passiert schon nichts." Ich lächelte amüsiert. Irgendwie versprach das doch spannend zu werden.
Du...machst mir Angst. - Gut so.
Ich verdrehte die Augen.
Schade, dass es hier so öffentlich war.
"Schade...Du bist ja wirklich langweilig." murmelte ich, ein wenig enttäuscht. Er war doch eher etwas für die andere.
Und deswegen musstest du unbedingt meinen Körper übernehmen? Um das festzustellen? - Hey. Maß dir ja nichts an. - Ich bin älter als du! - Aber schwächer.
Der Schatten um meinen Arm zischelte laustark und ich seufzte.
"Hey. Bleib stehen." sagte ich und fuhr mir durch meine blonden Haare. Von meinem anderen ich und von meinem Dad genötigt...super.
Sag bitte...
"Bitte..."

Calvin hob erneut eine Augenbraue. Okay, das erklärte vieles. "Ich hatte auch keine Angst um mich." meinte er schließlich trocken. Dieser Persönlichkeitswechsel war anstrengend. Aber so war es eben mit Schizos. Seufzend fuhr sich Calvin durch die Haare. "und, was wollt ihr als nächstes machen?" fragte er dann, während er seine Hände in den Hosentaschen verschwinden lies.

"Sicher?Ich kann dir zeigen, dass du eigentlich große Angst vor mir haben solltest." seufzte ich und hob meine Augenbraue als er mich im Plural ansprach.
Heey...Er berücksichtigt, das ich auch existiere. - Es ist....krank. - Nein..voll niedlich. - Nein...
Ich schob meine Augenbraue zusammen und schüttelte leicht den Kopf.
"Das..verwirrt mich. Sag einfach weiter du. " Ich hatte keine Ahnung, was nun. Ich wollte mich aber auch genauso wenig, wieder in die Ecke im Hinterkopf verkriechen.
Wie wäre es...wenn ihr euch einfach weiter in der Altstadt umseht. Dort hinten war ein Buchladen. - Woher weißt du das? - Hat Alex vorhin mal erklärt.
"Liest du gerne?" fragte ich und versuchte einigermaßen normal und nicht mehr arrogant-spöttisch zu klingen.
Freunde dich mit ihm an....Ich fragte mich, was dieser Befehl bringen sollte. Er war ein Zauberer. Nicht mal ein Vampir oder so. Nur ein Junge.
Aber meinem Vater war er wichtig. Wer wusste schon, welches Schachspiel er schon wieder spielte....

Calvin rollte innerlich mit den Augen. Immer diese Mischwesen, die sich für unglaublich gefährlich hielten. Wie viele hatte er davon nun schon kennengelernt? 6? 10?
Äußerlich lies er sich aber nichts anmerken. "Habt ihr denn verschiedene Namen?" fragte er. Das würde das Spielchen mit den verschiedenen Persönlichkeiten zumindest vereinfachen.
"Lesen langweilt mich." gab er zu. Manche sagten, dass das daran liegen mochte, dass er einfach noch nicht das richtige Buch gefunden hat. Er selbst war allerdings der Meinung, dass er dafür einfach nicht genug Fantasie besaß.

"Nein. Nicht wirklich. Ich heiße ganz normal Jelisaweta. So wie..die andere auch. Nur..bevorzugt sie diese Spitznamen, wie Lisa. Und ich hasse sie." Ich zuckte mit den Schultern.
Stolz war ich auf meine einfache Herkunft, die mir durch diesen Namen verliehen wurde, nicht.
Aber trotzdem...Verschandelungen eines Namens...unerträglich.
" Es langweilt dich??" fragte ich mit hochgezogenen Augenbrauen. Grässlich. Dieser Typ war definitiv nur etwas für die Andere.
Du hattest recht... - Hab ich immer, aber womit genau? - Das wir nie Freunde finden werden. - So ist das halt. - Du findest ihn langweilig. - Ja.
"Dann wird die Idee mit dem Buchladen wohl nichts. Jetzt bist du dran."

"Wie wärs mit einem Café?" fragte er. Es war das Erste, was ihm einfiel. Dort würden sie immerhin beide auf jeden Fall etwas finden, was sie mochten. "Gut. Ich bleibe tortzdem bei Lisa" beschloss er. Der Andere Name war einfach viel zu kompliziert. "Und in welchem Rythmus wechselt ihr?" fragte er dann und musste lachen.

"Café klingt gut." antwortete ich und zuckte mit den Schultern. Ich mag Kaffee nicht. - Dein Pech. Für dich bestell ich keinen Tee. - Aber... - Kein ABer. Vorhin hast du auch Eis gegessen. jetzt darf ich mal Kaffee trinken. - Ich vertrag den aber nicht. - Du willst mich verarschen, oder? Wie oft denn noch??? Wir haben denselben Körper. Ich vertrag es. Fazit: Du verträgst es auch!
"Meinetwegen. Nenn mich, wie du willst." knurrte ich. Lisa....Dieser Name klang hässlich. Lisa...Genauso schlimm, wie....Mona. Oder Nina.
"In welchen Rythmus wir wechseln? Es gibt keinen. Ich bin stärker, deswegen bin ich grundsätzlich am meisten diejenige, die.....die Fäden zieht. Die Andere, die ist dran, wenn ich müde werde. Sozusagen...Manchmal verwischen auch die Grenzen und ich beginne ultranett zu werden. Dann übernimmt sie das Ruder. Aber im Gegensatz zu ihr, kann ich sie immer vom Steuer wegschubsen. Ich habe die Macht. Dabei...bin ich jünger als sie." Amüsiert musste ich feststellen, dass das total krank klang. Ich sprach mit einem Typen, den ich nur auf Befehl her kennenlernen soll über meine psychischen Probleme, die auch teilweise auf meine schreckliche Kindheit und meine Dämonenader zurückzuführen waren....Warum wieß man mich nicht gleich ein?

"Na wenn das so ist" lachte Calvin. Er hatte mit solchen Leuten noch nicht zu tun gehabt. Er wusste noch nicht, ob er es anstrengend oder amüsant fand. Bald erreichten sie ein kleines Café, dessen Fassade mit geschliffenen Holzplatten verkleidet war. "Das hier sieht doch gut aus." meinte Cal und nahm draußen Platz. Ob Lisa das recht war? Immerhin war ihr ja dauernd heiß. "Für mich einen Cappuccino und für die Dame einen Eiskaffee." gab er die Bestellung auf. Er kam zu dem Schluss, dass das eine clevere Idee war.

Ich runzelte die Stirn. Ich kam gerade mit mir selbst nicht so klar.
"Oh man...das klingt mehr als nur krank." sagte ich und ich runzelte meine Stirn. Wir kamen bei einem Café an.
Das ist ja niedlich. - Ein normales Café. - Ich finde es süß. - Du findest alles süß... - Jaa. Und?
Er setzte sich draußen hin und ich stieß ein kleines Seufzen aus. Jelisaweta gekocht. Das gabs sicher noch nie. Trotzdem sagte ich nichts weiter und setzte mich hinzu.
"Wow...Eiskaffee?" fragte ich lächelnd und mit amüsiertem Blick nach. Er hatte aufgepasst. Das machte ihn ein wenig sympathischer.
"Danke."

"Ich bin nicht so blöd, wie ich aussehe." lachte Cal. Das mit dem Eiskaffee war nun wirlich naheliegend gewesen. "Sag mal, wie ist das Leben ist Russland?" fragte er dann, während die Bedienung bereits die Bestellung brachte. "Wenn ich an Russland denke, habe ich nur verärmte Dörfer vor Augen." fügte er lachend hinzu. "Sorry, aber ich war noch nie dort."

Ich lächelte und zuckte mit den Schultern. Das er blöd aussehe, hatte niemand gesagt.
Dann sag ihm das doch. - Ich wüsste aber nicht wieso? - Na...Weil es nicht stimmt. Er sieht nicht blöd aus. - Mir doch egal, was er von sich hält. - Also sagst du nichts dazu? - Nö. - Aber.... - Du gehst mir auf die Nerveeeen.
Ich stützte meinen Ellenbogen auf den Tisch und legte mein Kinn auf meiner Handfläche ab.
"Meine andere Hälfte sagt, ich soll dir sagen, dass du gar nicht so blöd aussiehst." meinte ich mit vollkommen neutraler Stimme und zog meine Augenbraue hoch, um seine Reaktion darauf zu beobachten.
Bei der Frage nach Russland verhärtete sich meine Miene ein wenig.
"Es ist in Ordnung.Und das mit den verarmten Dörfen stimmt nicht so ganz. Es ist vielleicht etwas weniger weit entwickelt, was Technik und so angeht, aber trotzdem nicht anders als hier. Nur...die Menschen dort sind anders. Lockerer und nicht so versteift. Freundlicher, netter... und nicht so langweilig, wie die meisten hier." antwortete ich ihm ehrlich und begann das Glas mit dem Eiskaffee in meinen Händen zu drehen.

"Dann sag deiner anderne Hälfte danke von mir" meinte Calvin zwinkernd und begann, von seinem Capuccino zu trinken. Heiß war etwas anderes. Aber ausnahmsweise würde er sich nicht beschweren. Immerhin wollte er in Gegenwart dieser Dame einen guten Eindruck hinterlassen. So hatte man ihn erzogen und das sagte ihm auch der Schürzenjäger in ihm.

"Das hat sie schon gehört.." entgegnete ich und verdrehte bei dem plötzlichen Ansturm von Begeisterung in meinem Kopf die Augen.
Ich nippte an meinem Eiskaffee. Er war kalt und das tat gut, doch ich musste zugeben...ein lichtloser Ort käme jetzt viel gelegener.
Könntest du jetzt endlich mal aufhören, dich zu freuen? Dein Kieksen tut in meinen inneren Ohren weh! - Entschuldige, aaber.... - Nix aber. Du tun, was ich sagen, comprendre? - Sì, Senorita... - Gracias.
"Wie ist es in Großbritannien? Wirklich so langweilig und steif, wie alle glauben?" fragte ich ihn dann.

"Es ist sogar noch deutlich langweiliger." antwortete Calvin mit einem vielsagenden Blick und nippte ein weiteres Mal an seinem Cappuccino. Er mochte England nicht. Es war viel zu kalt und zu ruhig, selbst in London. Aber wenn es nach ihm ginge, konnte wohl ohnehin keine Stadt der Welt New York das Wasser reichen. Es war einfach die perfekte Stadt. Seine Traumheimat eben.

"Kann ich mir nicht vorstellen." sagte ich mit ich sarkastisch und hob meine Augenbrauen amüsiert.
Ich war mal ein paar Wochen in London gewesen und nicht einmal in den abgeraffsten Baracken konnte man etwas mit Unterhaltungswert finden.
"Wohin willst du mal reisen?" fragte ich ihn.

"New York." antwortete Cal sofort. "In einem Jahr wird das meine Heimat sein. Es wird also sozusage eine Resie ohne Wiederkehrt." lachte er dann. "Und wie steht's mit dir? Könntest du dir vorstellen, woanders als in Russland zu leben?"
Immerhin hatte sie die Menschen dort als viel Netter bezeichnet. Daraus durfte man wohl schließen, dass es ihr dort gefiel. Calvin hingegen konnte sich nicht vorstellen, in einem ärmlicheren Land zu leben.  Europa war da schon die Untergrenze.

"New York." wiederholte ich. Wie klischeetiert. - Sei doch nicht so. Amerika ist toll! - Genauso langweilig, wie der Rest der Welt. - Nein! Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Wenn wir Vater entkommen... - Wir können ihm nicht entkommen!! Er hat uns schon seit 67 Jahren in seinen Fängen. Er wird Jahrzehnt für Jahrzehnt stärker! WIR NICHT!
"Du willst nicht in die Politik gehen?" fragte ich ihn amüsiert.
"Nein. Ich kann mir gar nichts vorstellen." antwortete ich auf seine Frage hin kalt und trank wieder einen Schluck vom Eiskaffee.
Es konnte schließlich genauso gut sein, dass es Azrael irgendwann nach Afrika zog.
Oder Japan. Wie lange sie in Russland blieben, hing nur von ihrem Vater ab...

"In die Politik?" wiederholte Calvin und musste lachen. "Wo alles noch falscher ist als das die Brüste von Pamela Anderson? Nein danke. Zu viel Verantwortung, zu vielen Lügen, zu wenig Spaß." Meinte er schließlich. Etwas so langweiliges wüorde niemals für ihn in Frage kommen. Er brauchte Unterhaltung.

Ich runzelte die Stirn. Pamela Anderson? "Wer -" Ich brach ab. Die Andere kicherte und ich war verwirrt.
Und dann ein schreckliches, fröhliches Lachen. Eine Mischung aus Gekreische und Asthma. Ich zuckte zusammen und meine Mimik verrutschte.
ICH BEKOMME KOPFSCHMERZEN!!
Anscheinend bekam sie sich nicht mehr ein und ich legte meine Hände auf meine Schläfen.
"Und deswegen Amerika." murmelte ich gepresst. "Versteh ich." fügte ich hinzu.

"Jop." meinte Cal nur knapp.
"Natürlich ist Amerika nicht perfekt. Aber ich kann mir keine schönere Heimat vorstellen." gab er zu.
"Aber genug zu mir. Kommen wir zu wesentlich interessanteren Dingen. Nämlich zu dir. Wie verbringst du so deine Freizeit?" erkundigte Calvin sich locker.

"Ahh...Amerika ist spannender, als England oder Deutschland. Das...ist mir bewusst. Ich war bis jetzt nur einmal in Amerika. Aber das ist ziemlich lange her." Gut vierzig Jahre.
Ist dir eigentlich mal bewusst geworden...das wir eigentlich aussehen müssten, wie eine alte Oma? - Muntert mich auf. Danke. - Du brauchst nicht so sarkastisch zu sein. - Ach. Ich bin doch nicht sarkastisch, Süße.
"Zu mir? Es gibt nichts interessantes über mich. Ich habe kaum Freizeit." Der Schatten an meinem Arm zischelte lautstark, jedoch unhörbar für Calvin. Es war manchmal doch schrecklich ein Dämon zu sein.

"So?" erkundigte sich Calvin lächelnd. "Und was raubt dir die Freizeit?" wollte er dann wissen. Wie konnte man nicht viel Freizeit haben? Vielleicht arbeitete sie nach der Schule. Oder bekam Nachhilfe. Oder musste einen Haushalt führen. Man wusste eben nie, welche Geschichte sich wirklich hinter einem Menschen verbag und man konnte sie niemals erraten.

Meine Miene wurde hart und kurz verzog sich mein Mund, als der Schatten begann sich in meine Haut zu brennen.
Man sah es nicht, als Aussenstehender bekam man bloß das Gefühl, dass mein vermeintliches Tattoo etwas vernarbt aussah.
Und obwohl es auch fast sofort wieder verheilt, tat es trotzdem ziemlich weh.
"Verpflichtungen." antwortete ich eher vage und trank noch einen Schluck von meinem Eiskaffee.
Ich durfte nicht zuviel reden..
Dein Arm würde aussehen, wie eine Bratwurst, wenn wir nicht so schnell heilen würden... - Eine....Bist du eigentlich noch bei SINNEN? Was redest du da für eine Scheiße zusammen? Ehrlich?! Kannst du nicht ein einziges Mal in deinem verdammten unendlichen Leben mal normal sein??? - Ich....
Ich hörte ihr Schniefen und mit Genugtuung spürte ich, dass sie erstmal für einige Tage keine Lust haben würde, mit mir zu reden...