Park in Nottingham ~Jelena und Lyanna~

Ort: Park in Nottingham

Regen. Schwere Tropfen fielen auf die gepflasterten Wege, die ein leises Zischen von sich gaben, nachdem sie nach der tagenlangen Hitze endlich abkühlen konnten. Kaum merkbarer Dampf stieg vom Boden auf. Ein junges Mädchen - gänzlich in Schwarz gekleidet - betrat den Park.

***

(Lyannas Sicht)

Mit einem leisen Seufzen schob ich das bronzefarbene Tor wieder zu und verharrte kurz auf der Stelle, hielt mein Gesicht dem Himmel entgegen und genoss die kühlen Tropfen auf meiner Haut. Ich liebte den Regen und nach der Hitze vergangener Tage war es eine mehr als willkommene Abwechslung. Mit in den Taschen vergrabenen Händen lief ich einen der geschwungenen Wege entlang und an den Rosenbüschen vorbei.

Ich zupfte nochmal an meinem Zopf und dehnte mich. Es war tolles Wetter. Kühler Sommerregen, nach endloser Hitze. Grinsend streckte ich mich nochmal und überprüfte die Schnürsenkel meiner Hose.
Ich wollte unbedingt eine Runde Joggen. Bei diesem Wetter konnte ich nicht stillsitzen.
Ich begann zu laufen und drehte ein paar Runden im Park, als ich an den Rosenbüschen abbog....und fast in ein anderes Mädchen rann.
"Oh. Entschuldige." meinte ich und stoppte vor ihr, meinen klatschnassen Pferdeschwanz warf ich hinter die Schulter und lächelte verlegen.

In Gedanken versunken folgte ich den geschwungengen Kiesweg entlang. Mein Ziel war eine alte Ruine, die ich oft aufsuchte, wenn ich meine Ruhe haben wollte. Ich achtete nicht, wohin ich lief. Wozu auch? Der Weg war mir bereits ins Blut übergegangen und ich würde ihn selbst im Schlaf wiederfinden. So bemerkte ich auch nicht die junge Frau, die soeben den Weg entlang gejoggt kam und lief beinahe in sie hinein, doch noch rechtzeitig hielt sie inne. Als sie sich entschuldigte, schreckte ich auf und sah erschrocken hoch. Vor mir stand eine junge Frau mit langen, braunen Haaren und ebenso braunen Augen. Es dauerte einen Moment, bis ich meine Stimme wiederfand.
"Tut mir leid, ich war in Gedanken", murmelte ich und spürte das brennende Rot auf meinen Wangen. Peinlich ... irgendwann würde mein Oft-In-Gedanken-Abtauchen mir womöglich noch zum Verhängnis.

Ich bemerkte selbst leicht verlegen, wie das Mädchen vor mir rot wurde.
"Ich hab mich zu entschuldigen. Ich hätte besser aufpassen sollen." grinste ich und fuhrmirüber meinen Kopf.
"Ich bin Jel." stellte ich mich vor und reichte ihr meine Hand und musterte sie dezent.
Braune Augen, braune Haare. Nur waren ihre Haare etwas heller alsmeine, ihr Teitn wiederum dunkler.

Verlegen sah ich auf den Boden und biss mir auf die Lippen, bis ich diesen bekannten metallischen Geschmack wahrnahm. Mit der Zungenspitze leckte ich mir das Blut von den Lippen und hob den Kopf, als sich die Fremde vorstellte.
"Lyanna", erwiderte ich mit einem matten Lächeln und legte zögerlich meine Hand in ihre. Normalerweise scheute ich Berührungen, aber seltsamerweise war es dieses Mal nicht so schlimm, das kannte ich eigentlich nur von Ares, er war der Einzige, bei dem ich Berührungen ertragen konnte.

Ich sah kurz auf ihre Lippen, als der Geruch ihres Blutes in meine Nase drang. Sùß...
Ich strich mir eine Strähne aus dem Gesicht und lächelte.
"Lyanna...Klingt schön." meinte ich grinsend und stellte fest, dass sie ein wenig schüchtern war.
"Ich hoffe, ich störe dich nicht gerade. " sagte ich höflich.

Als Jelena auf meine Lippen sah, runzelte ich kurz die Stirn. War sie etwa ...? Ich wusste ja, dass es Vampire und andere übernatürliche Wesen gab, immerhin war die Schule, auf die Ares und ich nach den Sommerferien gehen würden, bis unters Dach mit ihnen vollgestopft. Wir Menschen würden wohl ein wenig frischen Wind in die verstaubten Hallen bringen. Ich hob kurz den Kopf und genoss das kühle Nass auf meinen Gesicht.
"Nein, du störst mich nicht", erwiderte ich dann matt lächelnd. Jelena schien wirklich nett zu sein und vielleicht würde es mir endlich gelingen, über meinen Schatten zu springen und wenigstens einen sozialen Kontakt zu knüpfen, auch wenn ich mich jetzt natürlich keinen Hoffnungen hingeben würde. Dafür kannte ich mich einfach zu gut. Die Schüchternheit und der Drang nach ständiger Fluch lagen mir einfach wie schwere Eisenketten um den Hals. Ich riss den Blick von Jelena los und sah in die Richtung, an deren Horizont ich bereits die Silhoutte der Ruine, die mein Ziel gewesen war, aufragen sah.

Ich bemerkte ihr Stirnrunzeln und hoffte, dass sie nicht zu viel in meinen Blick auf ihr aufgebissene Lippen interpretierte. Das ich das Blut zum Beispiel bemerkt hätte oder dergleichen....
Ich schalt mich kurz selber. Wie immer war ich in Gegenwart von Menschen so unvorsichtig.
Kurz folgte ich ihren Blick zu irgendwelchen Ruinen...
"Wolltest du dorthin?" fragte ich sie interessiert und lächelte.
Die Ruine war hübsch und ich war auch schon ein paar mal dort gewesen.

"Ja, ich geh dort immer hin, wenn ich meine Ruhe haben will", gestand ich und spielte mit der Zigarettenschachtel in meiner Jackentasche, die ich gestern heimlich im Laden hatte mit gehen lassen. Ich war geschickt darin, es war oft der einzige Weg ans Nikotin zu kommen.
"Magst du mitkommen?", schlug ich wieder schüchterner vor.

Ich nickte. Das konnte ich gut verstehen. Die Ruine war ein einmaliger Rückzugsort. Kaum jemanden verschlug es dorthin.
"Mitkommen?" fragte ich mit großen Augen. "Aber, wenn du deine Ruhe haben willst, dann wäre es doch kontraproduktiv mich mitzunehmen." sagte ich und biss mir auf die Lippe.
"Ich will mich dir nicht aufdrängen, meine ich damit." fügte ich noch hinzu.

"Wenn ich meine Ruhe so dringend gebraucht hötte,hätte ich dich doch nicht gefragt, oder?", fragte ich und das Lächeln flackerte kurz, bevor es sich wieder auf meinen Lippen hielt. Ich strich mir durch das Haar.
"Du muss aber nicht", fügte ich noch hinzu und sah kurz zur der Stelle, wo ein Eisverkäufer lauthals seine Ware anpriest. Bäh ... Eis ... wer mochte das Zeug nur?

"Stimmt auch wieder. Ich darf also mitkommen?" fragte ich nochmal nach und sah sie breit grinsend an. Wie nahezu immer war meine Laune ziemlich gut.
Das Flackern ihres Lächelns entging mir nicht. Vielleicht wollte sie mich ja doch nicht dabeihaben und war einfach freundlich zu mir? Andererseits.....Quark.
Das würde ja bedeuten sie hätte auf eine komische Art und Weise Mitleid mit mir oder so...
"Nein. ich würde mich wirklich freuen." grinste ich und sah ebenfalls zum Eisverkäufer. Wenn esnicht regnen würde, würde ich eins kaufen, aber soo....Eklig. Das würde nur in den Abflusskanal fließen.

"Klar", mein Lächeln wurde breiter und ich holte meine Schachtel mit den Zigaretten heraus, ließ kurz den Blick misstraurisch nach links und rechts wandern, als erwartete ich, dass mein Onkel oder meine Tante hinter dem nächsten Busch lauerten. Dann sah ich zu Jel.
"Lass uns gehen", ich setzte mich in Bewegung und warf dem Eisverkäufer einen tödlichen Blick zu, als dieser es wagte, mich zu nerven.

Ich verbat mir einen Luftsprung zu machen und einen kurzen Freudenschrei loszuwerden. Es war total selten, mal mit einem Menschen etwas unternehmen zu können.
Es war erfrischend. Nicht-Zauberer, Nicht-magische Wesen zu treffen, war immer wieder etwas total interessantes.
Als sie eine Schachtel Zigaretten aus ihrer Tasche zog, seufzte ich innerlich, ließ mir aber äußerlich nichts anmerken.
"Klar." sagte ich nun wiederum und lief neben ihr zu der schönen, großen Ruine vor uns.

Ich nahm mir eine Kippe und entzündete sie mit einem Feuerzeug, ehe ich einen Zug nahm und die Schachtel selbst wieder in die Jackentasche gleiten ließ, ehe ich mich mit Jel auf den Weg zu der Ruine machte. Je näher wir ihr kamen, desto düsterer wurde die Ausstrahlung, doch es schreckte mich nicht ab, vielmehr übte es eine faszinierende Anziehung auf mich aus, mit dem Versprechen nach Ruhe. Vor der Ruine blieb ich stehen und sah zu Jel.
"Darf ich dich etwas fragen?", ich biss mir erneut auf die Lippe. Die Frage, ob sie ein Vampir war, brannte auf meiner Zunge. Dass ich eine Hexe war, konnte sie nicht spüren, dank der Blockade, die Jonathan auf Ares und mich gelegt hatte. Wie jedes Mal in den Ferien. Die Blockade war die Garantie für unsere Verwandten, dass wir uns ihnen nicht mit Magie wiedersetzen.

Ich verkniff mir ein Naserümpfen, als mir der Geruch des Rauches in die Nase stieg. Ich mochte nicht, wenn jemand rauchte aber das Mädchen hier kannte ich gar nicht wirklich, also würde ich ihr nicht versuchen wollen ihr ins Gewissen zu reden.
Wir näherten uns der Ruine und mein Lächeln wurde breiter, je näher wir kamen. Guut. Ein paar schöne Rosen hätten diese Ruine sicher wunderschön gemacht, doch selbst so bot sie immer wieder einen Anblick.
Wir blieben vor der Ruine stehen.
"Na klar. Nur zu." meinte ich fröhlich und strich mir eine lockige Haarsträhne aus dem Gesicht, die aus meinem Zopf gefallen war.
Ich fragte mich kurz, was in ihr vorging. Sie wirkte...nervös? Unsicher? Vorsichtig? Ich fand keinen wirklichen Ausdruck....ZWEIFELND....Obwohl.

Wie konnte man nur so fröhlich sein?, schoss es mir durch den Kopf, doch ich sagte nichts dazu, nahm noch einen Zug und trat die Zigarette aus.
"Bist du ein Vampir?", fragte ich sie dann direkt wie immer. Wozu um den heißen Brei reden? Während ich auf eine Antwort wartete, stieg ich über den kleinen Schutthaufen und schlüpfte ins Innere hinein. Meine Absatzstiefeln klackerten leicht auf dem Steinboden.

Endlich trat sie die Zigarette aus und unauffällig atmete ich die wieder frische Luft ein.
Bei ihrer Frage runzelte ich die Stirn. Hatte ich mich auffällig verhalten? Eckzähne gezeigt? Ich dachte eigentlich nicht.
"Wie kommst du denn darauf?" fragte ich sie und grinste wenig überzeugend und folgte ihr, als sie ihr Weg in die Ruine begann.
Ich folgte Lyanna und überlegte, was ich als nächstes antworten könnte.

Die Dunkelheit umschloss mich. Für jeden anderen hätte dies abschreckend gewirkt, doch für mich stellt sie kein Hindernis dar. Ich kannte mich in diesen Gemäuern genauso gut aus wie in meinem Zimmer. Weiter hinten befand sich eine Bank aus gehauenen Marmor, die durch den Brand, der einst hier herschte, schwarze Flecken davon getragen hatte. Aus meiner Tasche holte ich eine Wolldecke heraus, schüttelte sie aus und legte sie auf die Bank, ehe ich mich niederließ.
"Du hast auf das Blut reagiert, aber anders als Menschen es tun würden", sagte ich dann. Ich besaß eine äußerst gute Beobachtungsgabe, die ich mir mit den Jahren in Hogwarts antrainiert hatte.
Die stille, geheimnisvolle Beobachterin, betitelten mich viele. Ich streckte meine Beine aus und schloss die Augen, tankte mich mit der Ruhe voll, die uns einschloss.

Ich folgte ihr in die Tiefend er Ruine. Meine Augen machten mir keine Probleme, trotzdem bedrückte mich die Dunkelheit ein wenig. Hell mochte ich es lieber, doch trotzdem fand ich es hier jedes mal schön. Ob es an den Überresten des Brandes lag oder einfach nur an der hiesigen Atmosphäre konnte ich dabei nicht einschätzen. Lyanna holte eine Wolldecke aus ihrer Tasche und breitete sie auf einer fleckigen Marmorbank aus.
"Wo liegt der Unterschied?" fragte ich und runzelte die Stirn. Sie war wirklich aufmerksam gewesen. Hut ab.

"Der Unterschied liegt darin, dass Menschen nicht auf die Quelle mit diesem bestimmten Blick reagieren würde, mit dieser unterschwelligen Gier", wir hatten einst eine Nachbarin gehabt, die ebenfalls Vampirblut besessen hatte und sie hatte mir meine Fragen beantwortet und mich gelehrt, auf die Kleinigkeiten Acht zu geben.
"Nimm doch Platz", ich deutete neben mich, als Jel stehen blieb.

"Gier?" fragte ich amüsiert nach. Dabei verspürte ich keinerlei Verlangen nach menschlichem Blut. Ganz im Gegenteil fiel ich bei größeren mengen Blut sogar in Ohnmacht, wenn ich sie sehen musste.
Wenn ich schon mal Blut trank, dann so, dass ich nicht sehe, was ich überhaupt zu mir nehme. Denn der Geruch war nie das Problem...Nur .....das Aussehen vom Blut. Wuaaaaah.
Ich setzte mich neben Lyanna hin und überschlug meine Beine.
"Ich bin kein Vampir." sagte ich dann grinsend. Jedenfalls kein ganzer, außerdem definierte ichmich eher als aufgeweckter Lichtgeist, der Glitzer liebte.

Ich seufzte auf und strich mir das Haar aus dem Gesicht, ehe ich mir aus meiner Jackentasche einen Gummband heraus holte und mir das Haar zusammenband, sodass es mir nun in einem Zopf auf dem Rücken lag.
"Achso", ich glaubte ihr zwar nicht ganz, aber wenn sie meinte, es abstreiten zu müssen, war es ja nicht mein Problem. Meine Gedanken glitten zu der neuen Schule, die ich nachd en Sommerferien besuchen würde, weit weg in Deutschland. Ich freute mich schon darauf, auch wenn leise Zweifeln blieben.

Ich beobachtete ihre Bewegungen und legte fröhlich grinsend den Kopf leicht schief.
"Du...bist ein Mensch, oder? Woher weißt du von Vampiren? Oder glaubst daran, sagen wir es mal so?" fragte ich sie interessiert.
Sie wirkte nicht so, als wäre sie magisch. Ob sie ein Squib war und sich deswegenmit magischen Wesen auskannte? oder war sie so ein komischer Vampir-Groupie...wie diese Twilight-Fans? Glaubte sie womöglich sogar, dass ich jetzt glitzern müsste??

Ich seufzte bei ihrer Frage auf.
"Meine ehemalige Nachbarin war eine Vampirin, sie hatte mich alles gelehrt ... und ja ich bin ein Mensch", ich sah zwar ihre stumme Frage, wusste aber keine Antwort darauf. Wie käme es denn, wenn ich sagen würde, dass meine Verwandten meine Magie blockiert hätten?
"Woran denkst du denn?", fragte ich dann leise.